Amerikanische
Ninjas und Michael Dudikoff... Sam Firstenberg hat wohl so einigen Lesern die
Kindheit mit seinen beiden AMERICAN NINJA-Filmen versüßt. Doch auch
Dramen, Musicals und Erotikthriller sind dem polnischstämmigen Regisseur, um
dem es in den letzten Jahren sehr ruhig geworden ist, nicht fremd. Untrennbar
verbunden wird der Name Firstenberg aber für alle Zeiten mit Joe Armstrong und
dessen Abenteuern sein.
Wir
wollten's wissen: Wie war das eigentlich damals so mit Dudikoff, Cannon und den
Ninjas?
Das
Gespräch.
Du warst
Regie-Assistent (2nd Unit) bei OPERATION THUNDERBOLT mit dem wunderbaren
Klaus Kinski. Hast Du ihn getroffen? Kannst Du uns ein bisschen über die Arbeit
mit ihm erzählen?
Ja, ich hab' Kinski getroffen und Du hast Recht, er war
wunderbar. Ich hab' nicht direkt mit ihm gearbeitet, aber ich hatte die Chance,
seine Schauspielkunst aufmerksam zu verfolgen, und sie war in der Tat sehr
intensiv. Er befand sich ständig in seinem Charakter, war total konzentriert,
fast in einer Art Trance. So ist er mir in Erinnerung geblieben.
Dein
erster Film war FOR THE SAKE OF A DOG, über den ich leider überhaupt
keine Informationen gefunden habe. Kannst Du uns ein bisschen was über dein
Debüt erzählen?
Bei FOR THE SAKE OF A DOG handelt es sich um einen
30minütigen Kurzfilm für das Fernsehen, den ich geschrieben, produziert und in
Szene gesetzt hatte. Der Film erzählt die Geschichte von einem eigensinnigen
Holocaust-Überlebenden, der lieber ins Gefängnis nach Tel Aviv geht, als eine
Geldstrafe der Gemeinde zu bezahlen, weil er mit seinem Hund verbotenerweise in
einem öffentlichen Park Gassi gegangen ist. Es ist die Geschichte eines Mannes
mit Prinzipien, der sich gegen willkürliche Regeln auflehnt. Der Film wurde im
israelischen Fernsehen gezeigt und in den 80er Jahren auf dem Filmex Los
Angeles Film Festival.
In ONE MORE CHANCE
waren John LaMotta (unvergesslich als Trevor Ochmonek aus ALF) und
Kirstie Alley, die später mit CHEERS und LOOK WHO'S TALKING sehr
bekannt wurde, zu sehen. Wie war die Arbeit mit den beiden?
La Motta war ein Bühnenschauspieler, der gerade von New York
nach Los Angeles gezogen war um sein Glück im Film-Business zu versuchen.
Schauspieler Michael Pataki stellte ihn mir vor. Johnny ist ein sehr
leidenschaftlicher Schauspieler und war perfekt für die Rolle in ONE MORE
CHANCE. Es war ein Vergnügen mit ihm zu arbeiten und wir wurden sehr gute
Freunde, er spielte später in vielen meiner Filme mit.
Kirstie Alley war eine junge Schauspiel-Schülerin, als sie zum Vorsprechen für
die weibliche Hauptrolle kam. Sie war sehr gut und perfekt für die Rolle,
weswegen ich sie sofort besetzte. Es war ihr erster Film (Anm. des Autors:
Nicht ganz richtig, laut der IMDB war Kirstie davor in STAR TREK: THE WRATH
OF KHAN zu sehen) ,und sie nahm die Arbeit sehr ernst und war sehr
professionell. Das Resultat war großartig.
1983
drehtest Du deinen ersten Ninja- und ersten Cannon-Film REVENGE OF THE NINJA.
Hattest Du davor schon Ninja-Filme gesehen oder wie hast Du dich auf deinen
ersten Actionfilm vorbereitet?
Auch wenn mir japanische Samurai-Filme - ich liebe die Filme
von Akira Kurosawa - geläufig waren, kannte ich nur wenige Kung Fu-Filme aus
Hong Kong und wusste gar nichts über Ninjitsu. Von Sho Kosugi wurde ich mit
beidem - Martial Arts und Ninjitsu - bekannt gemacht. Wir kauften uns ein paar
Bücher und schauten uns zusammen viele chinesische Filme ohne Untertitel in
Kinos an, die voll von chinesisch sprechenden Zuschauern waren. Ich versuchte
mir so schnell wie möglich sämtliche Informationen, die ich kriegen konnte,
einzuverleiben, und fing an das Script zu schreiben und konstruierte ein
Storyboard. Sho war der Berater in Sachen Ninjitsu, und in dieser Funktion
stellte er sicher, dass jede bekannte Ninja-Waffe und jeder Ninja-Kampftrick,
jede Methode, jedes Kostüm, jede Sitte und Zeremonie und jegliches Zubehör im
Skript enthalten sein würde. Es war aufregend. Ich begriff, dass dies wichtig
für den Erfolg des Films sein würde, aber meine erste Entscheidung war, dass
wir nicht dem Geist der Hong Kong-Filme folgen würden, sondern dass der Film
ein Hollywood-Actionfilm mit einer Neigung zu Martial Arts und dem
Ninjitsu-Mysterium als Sahnehäubchen sein soll.
Ich
habe gelesen, dass Kosugi zusammen mit Steven E. de Souza einen neuen
Ninja-Film mit Namen THE RETURN OF THE NINJA drehen will. Könntest Du
dir ebenfalls vorstellen, einen neuen Ninja-Film zu drehen?
Ich würde sehr gerne einen neuen Ninja-Film drehen, aber die
Frage ist, ob irgendein Produzent da draußen das notwendige Geld in eine solche
Produktion stecken würde.
Bei
BREAKIN`2: ELECTRIC BOOGALOO hast Du mit dem jungen Ice-T
zusammengearbeitet. Irgendwelche Erinnerungen an die Arbeit mit ihm?
Ich denke, dass Ice-T ein originärer Rapper war, er war
definitiv einer der ersten. Er war immer sehr professionell und es war leicht,
mit ihm zu arbeiten. Jahre später haben wir bei THE ALTERNATE mit Eric
Roberts zusammengearbeitet.
Wie
bist Du überhaupt an BREAKIN`2: ELECTRIC BOOGALOO gekommen? Davor und
danach hast Du ja fast nur Actionfilme gedreht. War das ein persönlicher Wunsch
von Dir oder wurde es Dir angeboten und Du hast angenommen weil zu der Zeit
nichts anderes in Sicht wahr?
Menahem Golan, der Chef von Cannon, bot mir das Project an.
Ich nahm an, weil ich glaubte, dass das in Szene setzen von Tänzen
wahrscheinlich nicht viel anders sein würde als das Filmen von Kämpfen und
natürlich weil ich wusste, dass es eine Menge Spaß machen und viel Vergnügen
mit sich bringen würde, einen Musik-Film zu inszenieren. Ich hatte Recht und es
war in der Tat eine großartige Erfahrung.
Die
IMDB gibt an, dass AMERICAN NINJA ein Budget von $1.000.000 hatte, dass
aber Teil 2 nur $350.000 teuer war. Ich kann das nicht so recht glauben…ist das
wirklich wahr?
Das ist eine falsche Angabe. Der zweite Teil hat fast genauso
viel wie der erste gekostet.
AMERICAN
NINJA
war eine der ersten Hauptrollen für Michael Dudikoff. War Dudikoff deine erste
Wahl oder gab es auch andere Schauspieler, die für die Rolle des Joe Armstrong
im Gespräch wahren?
Für die Rolle des Joe Armstrong ließ ich mehr als 400 junge
Schauspieler und Martial Arts-Künstler vorsprechen, aber als Michael Dudikoff
reinkam und vorsprach, wusste ich, dass er der American Ninja ist. Nach einigen
wenigen Rückrunden hatten wir fünf Finalisten, darunter Michael. Er hatte
bereits einige Auftritte in Filmen wie BACHELOR PARTY und RADIOACTIVE
DREAMS in einer der Hauptrollen. Nachdem wir das Vorsprechen der Finalisten
auf Kassette aufnahmen und zusammen anschauten, wurden wir uns einig, das
Dudikoff der American Ninja ist.
Wie
war die Arbeit mit ihm? Machte er seine Action-Szenen selbst oder wurde ein
Double benutzt?
Michael hatte keine Erfahrungen im Martial Arts-Bereich, war
aber sehr athletisch, und US-Champion Michael Stone bereitete ihn für den Film
vor. Richard Norton, der ebenfalls eine Rolle in dem Film hatte, war Michaels
Stunt- und Kampf-Double, aber Michael machte einiges der Action und der Kämpfe
selbst, er war sehr gut darin. AMERICAN NINJA war Dudikoffs erste
wichtige Hauptrolle in einer großen Kino-Veröffentlichung - der Rest ist
Filmgeschichte.
Nach
AMERICAN NINJA kam der sehr, sehr gute AVENGING FORCE...
AVENGING FORCE wurde für Chuck Norris geschrieben,
aber er wollte ihn nicht drehen, so entschied sich Cannon - nach dem Erfolg von
AMERICAN NINJA - mich Regie führen zu lassen und die Hauptrollen Michael
Dudikoff und Steve James zu geben.
Wie
kannst Du dir erklären, dass AVENGING FORCE keinen solchen Kult-Status
wie AMERICAN NINJA hat?
Der Geschmack der Kinogänger ist ein Mysterium, welches
schwer zu entschlüsseln oder zu verstehen ist. Ich denke auch, dass AVENGING
FORCE ein besserer Film war, aber das Publikum mochte AMERICAN NINJA
lieber. Es ist ein großartiger Film, der Spaß macht. Er hat eine gut
ausbalancierte Grundgeschichte, etwas Mystery, einen guten zweiten
Handlungsstrang, Romantik, eine großartige Hintergrundgeschichte, einen
attraktiven, unschuldigen Helden mit einem wunderbaren Kumpel. Aber, als bestes
von allem: Viel aufregende Action, schön choreographiert und an einer
exotischen Örtlichkeit gefilmt. So ist es nun mal und so stimmt es auch.
Wie
war es, mit dem unglaublichen John P. Ryan zu arbeiten?
Ich sah John P. Ryan in RUNAWAY TRAIN und wollte ihn
für die Rolle des Bösewichts. Cannon hatte Kontakt zu ihm und so wurde ein
Treffen zwischen uns in die Wege geleitet. John ist ein sehr starker
Schauspieler mit einer großartigen Fähigkeit, sich in die Charakter, die er
spielt, hineinzuversetzen. Die Arbeit mit ihm war zauberhaft.
Nach
AMERICAN NINJA 2 kam bis 1990 kein neuer Film von Dir. Was hast Du in
dieser Zeit gemacht?
Nach dem zweiten AMERICAN NINJA war ich dabei, einen
Film mit Chuck Norris vorzubereiten, welcher aber nie entstand.
Warum
hast die Fortsetzungen zu AMERICAN NINJA nicht gedreht?
Während dieser Zeit entschied sich Cannon dazu, das
Marktpotenzial der AMERICAN NINJA - Filme auszuschöpfen und billige
Fortsetzungen zu produzieren. Ich bin nicht gut darin, sehr billige Filme zu
inszenieren, deswegen wurde der Job an einen südafrikanischen Regisseur
vergeben.
Kannst
Du uns ein bisschen über RIVERBEND erzählen? Ich las auf einer
Internetseite die Vermutung, dass dieser Film ein bisschen als Entschuldigung
an Steve James gedacht war, weil er nie die Hauptrolle in einen Film kriegte. Ist
das wahr?
RIVERBEND wurde von Privatinvestoren aus Texas
finanziert. Sie fanden das Skript wunderbar, und nach AVENGING FORCE
wollten sie Steve James für die Hauptrolle und mich als Regisseur. Es ist ein
guter Film, aber ein schwieriges Thema. Paramount brachte ihn auf Video heraus,
aber nie ins Kino.
Für
deinen nächsten Film THE DAY WE MET kehrtest Du nach Israel zurück.
Kannst Du uns ein bisschen was über ihn erzählen?
THE DAY WE MEET war der erste abendfüllende Film, den
ich in Israel drehte. Es ist eine sehr lustige Komödie auf Hebräisch. Ich wurde
vom bekanntesten israelischen Komiker und Produzenten Yehuda Barkan eingeladen,
ihn zu drehen. Es gibt keine englische Version, aber eventuell gibt es andere
Spachversionen, von denen ich nichts weiß.
DELTA
FORCE III
hat ein sehr kurioses Casting: Nick Cassavetes (der Sohn von John Cassavetes
und Gina Rowlands), Eric Douglas (Sohn von Kirk und Halbbruder von Michael
Douglas), Mike Norris (Sohn von Chuck Norris) und Matthew Penn (Bruder von Sean
Penn und vom kürzlich verstorbenen Chris Penn). War diese Besetzung so
beabsichtigt oder war es bloß ein Zufall? Wie war die Zusammenarbeit mit ihnen?
Die Vorbereitungen für DELTA FORCE III waren bereits
abgeschlossen, bevor ich als Regisseur dazu stieß. Somit stand die Besetzung
schon, und es war auch ein Vergnügen mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Wie
kamst Du auf die Idee zu CYBORG COP? War das eine Antwort auf UNIVERSAL
SOLDIER?
Das Konzept zu CYBORG COP wurde von der
Produktionsfirma Nu Image ausgearbeitet, ich dachte mir aber zusammen mit Greg
Latter die Geschichte aus und schrieb das Script.
Wie
war die Arbeit mit John Rhys-Davies?
Die Arbeit mit John Rhys-Davies war ein Traum. Er ist sehr
lustig und liebt Improvisation, aber er ist gleichzeitig auch ein
disziplinierter Schauspieler.
Wie
war die Arbeit mit Hulk Hogan und Grace Jones an MC CINSEY'S ISLAND?
Weder Hulk Hogan noch Grace Jones sind Schauspieler auf eine
klassische Art, aber beide sind großartige, ironische Darsteller mit
tonnenweise Energie und Enthusiasmus. Beide sind überlebensgroß und sich in
vielerlei Hinsicht ähnlich. Es war ein Wahnsinnsspaß mit ihnen zu arbeiten.
Ich
war etwas überrascht, dass Du auch einen Erotik-Thriller mit Namen MOTEL
BLUE gemacht hast. Wie war es, in solch einem fremden Genre zu arbeiten?
Ich liebe Filme aller Art. Erotik-Thriller sind wunderbar,
und das Skript für MOTEL BLUE war sehr gut und ich froh, in das Projekt
involviert zu werden. Der Unterschied ist, dass ich im Action-Bereich eine
Menge Spaß und Leichtigkeit ins Schema mische. Im Thriller wird alles ernster,
realistischer genommen.
Gibt
es einen Film von Dir, denn Du nicht so magst?
Rückblickend fühle ich mich nicht mit MC CINSEY'S ISLAND
verbunden. Ich finde ihn unzusammenhängend, ein erfolgloser Versuch, Humor und
Action zu vermischen.
Was
hältst Du von dem heutigen B-Action-Genre? Durchlief dieser Bereich eine
positive oder negative Entwicklung seit den 80ern?
Mit der Explosion des Home Video-Marktes in den 80ern
erreichte das B-Action Genre seinen Höhepunkt. Wir hatten ein anständiges
Budget und machten gute Filme. Nach den 80ern haben die Studios das Genre für
sich entdeckt und dem Big Budget-Bereich angepasst (z.B. die Van Damme-Filme).
Diese Entwicklung killte den Low Budget-Bereich, der es nicht mit den
Großproduktionen aufnehmen kann.
An was
arbeitest Du momentan? Was können wir in Zukunft von Sam Firstenberg erwarten?
So wie während meiner ganzen Karriere bin ich ständig auf
der Suche nach neuen Möglichkeiten, Regie bei Filmen zu führen, die den
Zuschauern, wie zum Beispiel Deinen Lesern, Freude bringen. Was wird die
Zukunft bringen? Wir werden abwarten und schauen.